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1. Die ältesten Spuren der St. Severinus-Schützenbruderschaft

Die ältesten Spuren der St. Severinus-Schützenbruderschaft reichen bis in das Jahr 1460 zurück. – Dazu schreibt Heinrich Feldmann in der „Chronik der St. Severinus-Schützenbruderschaft“: „Man kann Schützenbruderschaften mit Eichbäumen vergleichen, die unsere Vorfahren gepflanzt haben. Niemand weiß genau, wann sie gepflanzt worden sind. Jedoch sie stehen da, wohl alt und knorrig, aber jedes Jahr grünend und blühend im Frühlingsschmuck. So auch die St. Severinus-Schützenbruderschaft. Ihr Gründungsjahr ist unbekannt. Leider sind aus der Gründungszeit keine Urkunden und Unterlagen vorhanden. Sicher ist jedoch, dass sie im Jahre 1460 schon bestand. Aus einer Chronik geht nämlich hervor, dass unsere Schützenvereinigung um diese Zeit schon bestanden haben muss, da die Schützen Bröker und Stracke aus Wenden 1460 bei einem Preisschießen in Olpe Schützenpreise errungen haben.“

 

2. Die Anfänge des Schützenwesens im kurkölnischen Sauerland

Die Anfänge des Schützenwesens im kurkölnischen Sauerland liegen in tiefem Dunkel, da Unterlagen hierüber in Archiven – soweit überhaupt jemals vorhanden – im Laufe der Zeit durch Krieg, Brände oder aus Unachtsamkeit verloren gegangen sind. Trotz großer Bemühungen, geschichtliche Lücken zu schließen, waren es meist glückliche Zufälle, die es uns ermöglichten, Entwicklungslinien und Zusammenhänge zu erkennen und deutlich zu machen. Dr. Th. Reintges, Vorsitzender im Brauchtumsausschuss des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, der die Frühgeschichte der Schützen im Kurkölnischen Raum untersucht hat, stellt fest, dass gegen Ende des 13. Jahrhunderts die ersten Nachrichten über die Schützen auftauchen, und zwar zunächst in dem stark verstädterten Gebiet Flamens und Brabants. Von hier aus erreichte die Schützenbewegung über die Rheingaue den westdeutschen und den zentraleuropäischen Raum. Es ist die Zeit des Rittertums, in der die ritterlichen Nahkämpfe sich als äußerst problematisch erweisen und man daher zu einem verstärkten Gebrauch der Schuss- bzw. Schleuderwaffen (Bogen und Armbrust) überging. Es ist gleichzeitig eine Zeit der Umwälzungen in den Städten. Die Städte machten sich von den Feudalherren unabhängig und bildeten zusehends ihr kulturelles Eigenleben. Die Zünfte drängten in die stadtpolitische Mitverantwortung, und die Macht des Patriziats wurde eingeengt. Die neuen demokratischen Kräfte in den Städten förderten die neuen Schusswaffen. (vgl. dazu: D. Sauermann: Geschichte des Schützenwesens im kurkölnischen Sauerland)

Nach Dr. Th. Reintges lässt sich feststellen, dass regelmäßige Pflichtübungen, zuerst mit der Armbrust oder dem Bogen, später auch mit der Büchse, „erst mit der Demokratisierung der Städte“ einsetzten, und dass das selbstbewusste Bürgertum ein Alternativspiel zu den ritterlichen Turnieren entwickelte, den Schießwettkampf. Der Bürger, bisher nur Staffage bei adeligen Festlichkeiten, veranstaltete nun eigene Feste, in denen er sich und seine Macht darstellte.

In diesem Emanzipationsstreben spielte die Schützenbewegung eine wichtige Rolle. Die Verteidigung der Städte lag in den Händen aller Bürger, dem Aufgebot aller waffentragender Männer einer Stadt. Dr. Reintges weist darauf hin, dass die prinzipielle Verteidigungspflicht an das Bürgerrecht gebunden war.

Die Schützen nehmen dabei eine vorrangige Stellung ein. Sie zeichneten sich durch aufwendigere Bewaffnung und regelmäßige Waffenübungen aus.

Weitere Mitglieder der Bürgerwehr waren in „Rottmannschaften“ zusammengefasst und – wenn überhaupt – mit Nahkampfwaffen (Lanzen, Spieße, Partisane oder Morgensterne usw.) ausgestattet. Jeder Bürger war auf Eid verpflichtet, die Stadt zu verteidigen und dem Glockenschlag (Anschlag der Kirchenglocke als Aufforderung zur Verteidigung, Versammlung, Heeresfolge, Verbrechensverfolgung usw.) nachzukommen. Ganz anderen Ursprungs als die städtischen Schützengesellschaften waren die ländlichen Schützengemeinschaften, zu denen auch die Wendener Schützen zu zählen sind. Sie gingen, so nimmt man an, aus Notgemeinschaften benachbarter Bauern hervor. Man nannte diese Gemeinschaften auch „Schützen-Gilden“.

Wenn wir die Ursachen für die Entstehung des Schützenwesens in unserer Wendener Heimat aufzeigen wollen, müssen wir, in Ermangelung vorhandener Quellen, auf allgemein historische Fakten zurückgreifen. Nur aus der Geschichte der damaligen Zeit heraus lässt sich die Entstehung der Schützengilden verstehen und begründen.

Mächte man Zugang zu der Zeit um die Mitte des 15. Jahrhunderts finden und diese lebendig werden lassen, kommt man nicht umhin, allgemein historische Prozesse dieser Zeit, die aber mit Sicherheit politische Entwicklungen und Strukturen in unserem Wendener Land beeinflussten, in die Entwicklungsgeschichte unserer Schützenbruderschaft mit einzubeziehen.

Diese breite Darstellung allgemein historischer Tatsachen ist also notwendig, weil man ohne sie Entstehungs- und Entwicklungszusammenhänge des Schützenwesens nicht deutlich machen kann.


 

3. Die Bilsteiner Zeit

Das südliche Sauerland gehörte um die Jahrtausendwende zur Großgrafschaft der Rheinischen Pfalzgrafen. Unter dem Druck der Kölner Erzbischöfe zogen diese es vor, ihren Machtbereich schwerpunktmäßig in den oberrheinischen Raum zu verlegen. Damit verringert sich das Interesse an der unmittelbaren Ausübung der Grafengewalt im südwestfälischen Bergland und sie vergaben die pfalzgräflichen Rechte in diesem Gebiet als Lehen an die Grafen Sayn. Doch auch deren Wohnsitz im Sayntal bei Koblenz war so entlegen, dass sie ihrerseits den Herren von Gevore (Förde) und späteren Edelherren von Bilstein das südliche Sauerland als Lehen überließen.

Damit besaßen die Bilsteiner alle Grafenrechte in dem ihnen übertragenen Gebiet, einschließlich der Gerichtshoheit, die den Kern der Landeshoheit darstellte.

Dem Gerichts- oder Freibann der Bilsteiner Herren unterstanden alle Freistähle der gesamten Bilsteiner Herrschaft, so auch das Gericht Wenden.

In diesem ihrem Hoheitsbezirk durften die Edelherren Steuern, Wegegelder und Zölle erheben. Außerdem oblag ihnen die Aufsicht über Straßen und Flüsse.

Die Steuern bestanden in Mai- und Herbstbeden, Schutz- und Verteidigungsgeldern, in Naturalabgaben von Korn und Vieh, in Abgaben der Mühlen und in der Grafschuld, die von allen Freigutinhabern zu entrichten waren. (vg. Dazu: G. Becker: Zur Geschichte der Herrschaft Bilstein)

Der Achtbarste aus dem Geschlechte derer von Bilstein war Johann I., Sohn und Nachfolger Dieterich I.,  des Erbauers der Burg.

Der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg ernannte Johann I. 1283 zum Marschall für Westfalen, als ständigen Vertreter des Herzogs (die Kölner Erzbischöfe waren seit 1180 Herzöge von Westfalen). Damit oblag ihm die Wahrung des Landfriedens, d. h. die Führung des Heerbannes, der Bau von Burgen und die Verwaltung. Wie wenige seiner Zeit, so verkörperte Johann I. das Ideal hochmittelalterlichen Rittertums (Johann starb um 1310).

Nicht so war sein Sohn Dietrich III., 1280 – 1335, der nach seinem Tod das Bilsteiner Erbe antrat, in einer Zeit, in der die hohen Ziele des Rittertums immer weniger galten und die Rechtlosigkeit und das Faustrecht um sich griffen. Es entsprach der Wesensart Dietrichs, behauptete Ansprüche zu vertreten und diesen notfalls mit Waffengewalt Nachdruck zu geben.

Andererseits bemühte er sich in seinem Land um Ordnung und Sicherheit. Aus diesem Bestreben heraus ließ er im östlichen Teil seiner Herrschaft, zur Befriedigung des Landes, um 1300 die Fredeburg errichten.

Mit dem Tode seines kinderlosen ältesten Sohnes Johann II. erlosch um 1363 das Geschlecht der Edelherren von Bilstein. Noch zu Lebzeiten Johann II. hatte 1359 das Haus Sayn seine Lehnsrechte an Bilstein dem Grafen Engelbrecht III, von der Mark verkauft. Dieser zog nach dem Tode des letzten Bilsteiner dessen Herrschaft als erledigtes Lehen ein.

Gleichzeitig begann für das kaum von Fehden und Kriegshändeln heimgesuchte Land eine Zeit großer Unruhe und Bedrängnis. Sie hatte ihre Ursache in der Feindschaft zwischen den Grafen von der Mark und den Erzbischöfen von Köln, die sich in erbitterten Auseinandersetzungen entlud.

Der Kölner Erzbischof hatte seinen Machtbereich gefestigt in den Städten Attendorn (1222) und Olpe (1311) und den Burgen Waldenburg (1248) und Schnellenberg (um 1220).

Durch den kinderlosen Grafen Gottfried von Arnsberg fiel ihm darüber hinaus durch Schenkung noch die Grafschaft Arnsberg zu, womit das Bilsteiner Gebiet der Grafen von der Mark vom kölnischen Besitz umgeben war.


 

4. Die Zeit um die Mitte des 15. Jahrhunderts

a) Grenzfehden und Machtkämpfe

Nicht eindeutig geklärte Gebietsansprüche zwischen dem Grafen von der Mark und dem Kölner Erzbischof, Dietrich von Moers, führten zu einer Zuspitzung der Lage. Der Kölner Erzbischof sah die 1180 von Kaiser Friedrich Barbarossa an die Kölner Erzbischöfe anerkannten Rechte gefährdet; insbesondere, nachdem Graf Adolf IV. von Kleve seine Grafschaft Ende des 14. Jahrhunderts mit der von der Mark vereinigen konnte und 1417 zum Herzog erhoben wurde.

In der Soester Fehde 1444 – 1449 kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Dietrich von Moers war Schutzherr der Stadt Soest. Mit den von Dietrich ausgeschriebenen Schatzungen fühlten sich die Soester in ihren Rechten und Pflichten eingeengt und sagten sich von ihm los, indem sie Graf Adolf IV. die Schutzherrschaft antrugen.

Die Belagerung von Soest war vergeblich und erfolglos. Soest löste sich aus der Abhängigkeit Kurkölns. Burg Bilstein ergab sich 1445 den kölnischen Belagerern, nachdem 1 Jahr zuvor das östliche Nachbarland Fredeburg erobert und die Burg zerstört worden war.

Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen dem märkisch-klevischen Herzogtum und dem Kurkölner Herzogtum Westfalen, die in der Soester Fehde erst richtig zum Ausbruch kamen, vermochten dennoch nicht die Zwistigkeiten beizulegen.

Der nicht geklärte Rechtsstreit wurde dem Papst zum Entscheid unterbreitet und der verfügte, Soest und die Börde dem Herzog von Kleve und die Herrschaft Bilstein und Fredeburg dem Kölner Kurstaat zuzuordnen.

Zwar ist es bis heute nicht aktenkundig geworden, jedoch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass in dieser fehdenreichen Zeit Wendener Schützen im Kriegszug gegen Soest haben kämpfen müssen.

Der Verfasser unseres Heimatbuches, Fritz Wiemers, schreibt hierzu: „Die Soester Fehde hatte die Schützen so recht ihre Bedeutung und Bestimmung erkennen lassen. Viele von ihnen waren im Heere von Soest und Unna gewesen. Nachbarstädten, namentlich Belecke, hatten sie Beistand geleistet.“

 

Das Gründungsjahrhundert war ein Jahrhundert ständiger Grenzfehden.

 

Im Wendener Heimatbuch berichtet Norbert Scheele in einem Aufsatz „Grenzfehde und Grenzfeste“ u. a.:

            „Vor einigen Jahren wurde im Süden von Hünsborn am Eingange in die sogenannte Saukuhle ein alter Grenzstein gefunden, der auf einer Seite die Bezeichnung ´NAS´ und auf der anderen ´C. COELN´ trägt. Es war hier die alte Landesgrenze zwischen der Grafschaft Nassau-Siegen und dem Kurfürstentum Köln. Auch der auf der Höhe etwas westlich davon, beim Hühnerkamp gelegene Dreiherrenstein, der jedoch bedeutend größer ist, trägt dieselbe Bezeichnung. An dieser Stelle befand sich außer den angegebenen Grenzen auch noch die der Herrschaft Wildenburg“.

Man ahnt heute kaum, dass an diesen Stellen einst ein jahrhunderterlanger Streit getobt hat, dass der Fehdezustand zwischen den Fürsten und Fürstchen überhaupt nicht aufhören wollte. Da war das Bedürfnis groß, die Grenze gegen Feindesland durch starke Verhaue, durch Wall und Graben zu sperren und besonders die Straße an den Grenzpunkten gegen feindliche Scharen zu verschließen. Besonders ausgeprägt erscheint der Wall auf der Grenze der Gemeinde Wenden zwischen dem jetzigen Kreis Olpe und Siegen, der allgemein als das „Kölsche Heck“ bezeichnet wird.

Das ganze Mittelalter hindurch hat die „Kölsche Heck“ als Schutz gedient. Nach Siegerländer Mitteilungen lag 1466 ein Rittmeister mit 40 Reitern in der Woche vor Michelstag eine Nacht in Hilchenbach und die nächste Nacht in Krombach auf Wache gegen die „Kölschen“.

1468 drohte wieder ein Einfall, nachts wurden die Glocken geläutet und die Einwohner gewarnt. Die Beamten ´sulden das Lantweren´, d. h. die Landhecke besetzen lassen. 1471 heißt es erneut: ´die westfelingehetteneyngraßbewerf  und contzehette verstanden, sysuldendryhondertgewapen (bewaffnete) stark sein und ulden in die Grafschaft von nassaugain´.

Nach diesen Berichten sind zwar die ´Kölschen´ die Unruhestifter. Es liegt jedoch nahe, dass die häufigen, blutigen Händel nicht einseitig verursacht wurden. Insbesondere dann nicht, wenn, wie berichtet, 1517 der gnädige Herr (der Graf von Nassau), den ´Kölschen´ das ´Korn ußwendig der hegen (Landhecke) haitabsnydenlaißen´.“

Zwar war der Krieg beendet, aber Not und Angst belasteten die Menschen der Zeit weiterhin. Sie waren vor allem begründet in dem Zwang, heute diesem und morgen jenem Herrn dienen und fronen zu müssen. Dazu kam die Tatsache, u. U. gegen den Gefährten oder Freund zu Fehde ziehen zu müssen, weil dieses aus dem Umstand der Hörigkeit (Vasall, Lehnsmann oder Leibeigenschaft) geboten war.

Peinigende Gewissensnot, die in religiöser Verunsicherung zu suchen war, mag ebenso manchen Menschen jener Zeit bedrängt haben.

Herrschaftssucht, Raffgier und Ausschweifungen waren der Grund dafür, dass 1458 ein geistlicher Beamter vom westfälischen Offizialgericht  dem erzbischöflichen Gericht in Köln über sittliche Verkommenheiten in einigen Dekanaten berichtete, was allgemein dazu beitrug, den geistlichen Stand zu verächtlichen, da Glaube, Frömmigkeit, Mäßigkeit und andere christliche Tugenden nicht immer geübt wurden.

 

b) Das Waldenburger Bündnis

Aus inneren Bedrängnissen heraus erneuerten im Jahre 1480, am 5. März, Ritterschaft und Städte des Amtes Waldenburg, den unter sich geschlossenen Bund des getreuen Zusammenstehens in der Verbundenheit zum Stift Köln.

Das Amt Waldenburg umfasste die Städte Olpe und Attendorn nebst Kirchspiele, die Freiheit und nachmalige Stadt Drolshagen, die Kölnischen Anteile am Kirchspiel Valbert sowie die Kirchspiele Wenden, Lenhausen, Babenohl (Bamenohl), Ahausen, Schnellenberg, Ewig usw.  angeschlossene Ritterschaften.

Der Amtsbezirk Waldenburg bildete ein Ganzes für sich. So schließen denn auch Ritterschaft und Städte dieses Amtes am 30. August 1462, sowie am 5. März 1480  und im Jahre 1530 ein Bündnis untereinander, mit dem Zweck, zusammen bei dem Erzstift Köln zu bleiben und sich gegenseitig beizustehen.

In der das Bündnis besiegelnden Urkunde heißt es u. a. (vgl. dazu Seiberts Urkundenbuch zur Landesgeschichte Westfalens – zum besseren Verständnis wurde der Text sprachlich leicht abgewandelt):

„ Es ist bekannt, dass so große Feindseligkeit und Streit eine Zeitlang in diesem Land gewesen sind und noch täglich andauern, so dass einer den anderen innerhalb und außerhalb des Herrschaftsbereiches des Erzstiftes Köln angreift und überfällt und Schaden zufügt, und wenn sich dann an das Amt Waldenburg die Herren vieler Herrschaftsbereiche wenden, so haben die von der Ritterschaft des Amtes Waldenburg namens Engelbert van Plettenbergh zu Waldenborgh, Henrich van Plettenbergh zu Lenhusen, synVedderHenrich van Plettenbergh , guntermann und Henrich van Plettenbergh seine Brüder zu Babenohl,Henrich Vogt van Elspe, Johann von Vogt van Elspe zu Ahusen, Herman und Johan von Schnellenbergh, Aleff van Enterbergh und Widenecker van Ewig und vorth Borgermeister, Rad und Gemeinde der Stadt Attendorn, Olpe und Freiheit Drolshagen mit denen gemeinen Kirspelldarselven und das ganze Kirspell zu Wenden, gemeinsame solches bedacht und versucht, vorgenannte Feindseligkeit und den Streit in dem vorgen. Stift Köln zu verhüten, wie immer sie es können, und sie sind durch Beratschlagung einträchtig übereingekommen, dass sie ohne Abspaltung zusammenbleiben wollen bei dem guten Herrn St. Peter und der hl. Kirche zu Köln, und sollte es einmal zu einem Rechtsstreit kommen, dass jemand einen anderen belastet oder zu weit geht oder ihn überfallen würde, wenn jemand glaubte, dass er zu kurz gekommen sei oder ihm Schlechtes widerfahren sei, dann soll der vor den anderen treu zur Ladung bitten und seinen Gerichtstermin einhalten und tröstlich schützen, beherbergigen, Gastfreundschaft gewähren und beschützen, soweit er dazu in Ehre und Recht fähig ist, eingeschlossen und ohne Schaden aller Rechte unseres gnädigen Herrn von Köln, des gnädigen Kapitels und ihrer Amtsleute dieses vorgen. Ohne Arglist. Diese Einigkeit und Eintracht sollen so lange dauern, bis sie einer dem anderen aufkündigt, und sie soll noch ein Jahr bestehen, wie man schon vorher weiß, und in ihrer vollen Gültigkeit und ohne Arglist. Um Urkunde und Sicherheit dieser Vereinigung fest und vollkommen zu halten, haben die aus der vorgen. Ritterschaft ein jeglicher sein eigenes Siegel unten an diese Urkunde gehängt, und unser Stadtsekret unten an diese Urkunde gehängt, und wir, Bürgermeister und Rat zu Olpe, haben unser Sekret für uns, und das ganze Kirchspiel Wenden unten an diese Urkunde gehängt, und wir Bürgermeister und Rat von Drolshagen haben auch unser Sekret zur Stetigkeit für uns und das ganze Kirchspiel Drolshagen an diese Urkunde gehängt. Gegeben im Jahre 1480.

 

Anmerkung
Nachweislich hat in alter Zeit in Wenden ein Freistuhl oder Freigericht bestanden.

 

Von Verhandlungen vor dem Freistuhl sind keine Überlieferungen bekannt. Ebensowenig die Namen der Freigrafen und Freischöffen. Gerichtsbarkeit war aber immer zugleich auch „Obrigkeit“. So ist mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das „Kirspell“ Wenden durch Richter und Schöffen vertreten wurde.

Es ist erwiesen, dass Landesfürsten wie Obrigkeit sich der Schützengilden bedienten, sowohl in der Abwehr und Verteidigung, als auch im Fehdegang.

Wenn, wie in diesem Fall, als Bündnispartner Ritterschaft und Rat in Erscheinung traten, so heißt das, dass die gegenseitige Bereitschaft zur Hilfeleistung, (Abwehr und Verteidigung) zwar von der Ritterschaft und den Stadträten ausgingen, aber nicht unwesentlich von den Schützen mitgetragen wurde. Durch die Einbeziehung der Schützen erst war eine optimale Verteidigungskraft gewährleistet.

So ist mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass alle Gerichte des Amtes Waldenburg neben den Städten Olpe und Attendorn, auch Drolshagen, Wenden und sicherlich auch Elspe sehr früh eine Schützenwehr bereitzustellen hatten.

Die Ritter von Plettenberg besaßen im Wendener Land beachtliche Ländereien. Außerdem besaßen die Herren von Plettenberg auf Burg Waldenburg einige, im Kirchspiel Wenden gelegene Güter von dem im 9. Jahrhundert gegründeten Damenstift Herford zu Lehen.

 

c) Willkür, Räuberunwesen und Hoheitsrechte im Süderland

Das Spätmittelalter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts war ein Zeitalter häufiger Privatfehden, insbesondere des Adels. Oft wurden erst nach Beginn der Gewalttätigkeit Fehdebriefe durch freigelassene Gefangene ausgetragen. Vieh, besonderes Pferde und Kühe, Getreide und Hausrat wurden weggenommen, Höfe abgebrannt, Gefangene in die Verliese entlegener Schlösser und Burgen entführt, um für sie oder von ihnen Lösegeld zu erpressen. Plünderungen des Güter- und Warenverkehrs der Süderländer in die Börde oder den Hellweg waren keine Seltenheit.

Nicht nur Grenzfehden, auch Freibeuterei und Wegelagerei waren nicht selten. So nimmt es kein Wunder, wenn der oberste Verwaltungsbeamte des damaligen Kölner Kurfürsten im Bereich des in etwa heutigen Kreisgebietes, des Bilsteiner Drosten Kaspar von Fürstenberg, in seinen Tagebuchaufzeichnungen vermerkt:

„Jahr 1600, den 28. März. Ich stelle aus dem Gericht Wenden Schützen allhie aufs Hauß (Schloss Bilstein) und warne die Städte Attendorn und Olpe. Ich bringe etliche Kleinode nach Schnellenberg in Verwahrung von wegen der streifenden Freibeuter.“ – „Jahr 1600, den 14. April. Ich bestelle Schützen, Pulver und Blei aufs Hauß, lasse mein Silber zum Abführen einpacken.“

Nie endenwollende Fehden waren nicht immer territoriale, also Grenz- und Besitzstreitereien, sondern häufig auch Streitereien um hoheitliche Rechte.

Es galt also nicht so sehr das Recht der Territorialität als vielmehr das der Personalität, d. h., die an die Person gebundene Gerichtshoheit oder das Recht des Glockenschlages als Ausdruck des Rechts der Landeshoheit (wie das Läuten zum Landesaufgebot, zur Heeresfolge und Verbrechensverfolgung), ferner die Verfügung über Königsstraßen, Zölle, Abgaben, Dienste im Jagd- und Fischereigerechtsame.


 

5. Die Kölnische Zeit

Nach dem Drangsal der märkisch-klevischen Zeit stellten sich die Bewohner der Länder Bilstein und Fredeburg nicht ohne Hoffnung auf eine Besserung der Verhältnisse auf die Seite Kölns, zumal Erzbischof Dietrich für sich und seine Nachfolger versprach, Schloss, Freiheit und Land Bilstein bei allen Freiheiten und Rechten belassen zu wollen.

Nach der Eingliederung der ehemaligen Herrschaft Bilstein in das kölnische Herzogtum Westfalen wurde die administrative Einteilung in diesem südwestfälischen Teil des Kurfürstentums Köln neu gegliedert. Sitz der kurkölnisch-westfälischen Regierung (Landdroste und Räte) war Arnsberg. Das Land zerfiel in vier Quartiere. Bilstein wurde Mittelpunkt des südlichen Quartiers. Es bestand aus den Ämtern Bilstein, Fredeburg und Waldenburg.

Die Verwaltung oblag einem Amtmann, auch Droste genannt. Seinen Sitz hatte er auf Burg Bilstein. Er besaß militärische Befugnisse und hatte den Oberbefehl über die angehörenden Burgmannen.

Die letztlich geführten Kriege hatten die Kölner Kurfürsten finanziell erschöpft. Um sich Geldmittel zu verschaffen, machten sie es sich zur Gewohnheit, staatliche Ämter gegen Darlehen zu verpfänden.

So waren von 1469 bis 1537 auch Burg und Amt Bilstein an die Herren Hatzfeld zu Wildenburg verpfändet. Eine weitere Verpfändung erfolgte 1552 und hatte zur Folge, dass der Bilsteiner Droste seinen Abschied nahm.

Am 14. März 1556 wurde Friedrich von Fürstenberg zum Amtmann der Ämter Waldenburg und Bilstein ernannt. Seinen Wohnsitz nahm er auf Burg Bilstein und begründete damit die Bilsteiner Linie des Geschlechts derer von Fürstenberg.

Seit dieser Zeit ist das Amt des Kölnischen Drosten in Bilstein bis zur Besetzung des Herzogtums Westfalen durch Hessen-Darmstadt 1802/03 im Besitz derer von Fürstenberg geblieben. Mit der Inbesitznahme des Herzogtums Westfalen durch Hessen-Darmstadt wurde von diesen die Militärpflicht eingeführt.

 

Anmerkung:
Nachdem 1816 das Herzogtum Westfalen von Hessen-Darmstadt an Preußen übergeben worden war, wurde mit Wirkung vom 1.1.1819 der märkische Teil Valberts dem Kreis Olpe (bis dahin Kreis Bilstein) zugeordnet.

 

6. Die erste urkundliche Erwähnung

Die erste urkundliche Erwähnung erfuhren die Wendener Schützen in einer Gerichtsurkunde vom 21. August 1582 (Stadtarchiv Olpe). Ursächlich betrifft diese Akte eine Kriminalsache, die eigentlich Angelegenheit der Stadt Olpe war und die die Wendener Schützen gar nicht berührte. Man kann dieser Urkunde entnehmen, dass ein Olper Bürger namens Wilhelm Knobbe den ebenso aus Olpe stammenden Bürger Hinrich Voß „zu Tode verwundet und entleibt hat“.

Dieses ereignete sich zu einer Zeit, in der Olpe zu einem „Freischießenspill“ die Schützen der näheren Umgebung aufgerufen hatte.

Dass diesem Schießspiel oder Wettschießen besondere Bedeutung beigemessen wurde, mag der Umstand deutlich machen, dass diese Wettkampf in Anwesenheit folgender Persönlichkeiten stattfand: „Die edlen, ehrenfesten Junker Johann von Lützenrodt, Amtmann zu Windeck, und Bernd Möllenbeck, außerdem die ehrsamen und vorsichtigen sowie ehrenachtbaren Thomas Pitthain, Bürgermeister zu Siegen, Johann Pampus, Schultheiß und sämtliche Schöffen des Gerichtes Wenden, Peter Weber, Richter zu Meinerzhagen, samt ihren Mitschützen und aller Schützengesellschaften aus den Städten Siegen, Attendorn, Drolshagen, ferner Wenden, Meinerzhagen, Valbert und Rhode“.

Ferner erfahren wir aus der Akte das Schuldbekenntnis des Wilhelm Knobbe, dass er die vorgenannten Persönlichkeiten, die während seiner Inhaftierung zu einem Frei-Schieß-Spiel einberufen waren, „darum samt und sonder für sich armen Missetäter und gefangenen Mann lauter um Gnade und Fristung seines Lebens untertänig gebeten“ hat.

Für uns ist der Streit um 1582 von nebensächlicher Bedeutung, zumal Mord und Totschlag in dieser Zeit gar nicht so selten waren. Der Wert der Urkunde besteht insbesondere in dem, was wir aus ihr über das Schützenwesen der damaligen Zeit erfahren.

Die Gerichtsakte von 1582 ist für die Geschichte der Schützenbruderschaft Wenden so bedeutungsvoll, dass sie hier wörtlich wiedergegeben werden soll:

„Ich, Wilhelm Knobbe, Bürger zu Oelpe, Thue öffentlich kundt und hiermit für jedermenniglich bekenne, wie das ich (:leider Gott im hohen Himmel erbarms:) Seligen Hinrich Voße auch Bürgern zu Oelpe, in Hanßmennekes Klaren hause, vom dem leben zum todteverwundt und entleibtt habe und das umb der missethat willen ich von den Ersamben, Vürsichtigen und Weisen Herren Bürgermeister undt Rahte der Stadt Oelpe in Hafftunggefengklich bin eingezogen worden, derwegendan die Edtlen und Ehrenfesten Junckherren ´Johann von Lützenroid, AmptmannzueWindegken und BerendtMöllembecke, Neben den ErsambenundtVürsichtigen auch Ernachtparen und frohmenThomaße Pitthain, Bürgermeistern zu Siegen, Johann Pampuße Schultheißen und von semptlichenScheffen des Gerichts Wennden, Peter Wevern, Richter zu Meinertzhagen,sampt ihren mittschützen und aller Schützengesellschaft auß den Stetten Siegen, Attendarren, Drolßhagen,fordt Wenden, Meinertzhagen,Valberrdtundt Rode pp. welche  allhier zueOelpeZeitt meiner gefennuß auf ein freySchießenspiell sein berufen worden, Sämptlichundtbesonder, vür mich ahrmenmißtheigen gefangenen mann, lauter um Gnadtundtfristungh meines lebensunterthenighgepetten, das darümb uff der obgemeltenvielfeltigefürpitt, mich die Ersambevürsichtigeundt wollweise meine gepiettenden Herren Bürgermeister, Rath undtganzte gemeinde der Stadt Oelpe zuvor, undt darnach jegen alle diejenigen, welche fürpittvür mich ahrem man gethanhabenn, außhöhestemvermuegenunderthenigst bedanken thue, undt will es die Zeit meines lebens, jegen einen jederen, mit eußerstenvermuegen und wolthatt gerne verschulden. Unndinsonderheitt allen Bürgern und Bürgerskindern aus Oelpe, beytaghundtnacht, mit leib und guthe, ihren schaden helfen wenden, undt frommen fürdern, Verlobe daneben hiermitt, die Stadt Oelpe und MienesGnedigsten Herrn Erzbischoffen zuCölln und Curfürsten lande nicht wiederumb einzukommen, es geschehe dan durch genade und zulßunghe der Herren. Weiterß verlobe ich bey meinen Treuwen, Ehren und Eidt das ich den ahngriff,gefengnußundt allen schmaidt, so ich um meiner missethat willen empfangen, ahn keinen Bürger, Bürgerskindern zu Oelpe oder einigen menschenaufff erden, weder durch mich oder jemand anderen von meinetwegen Rechn oder brechen wölle, mit hande, munde oder sonst einigerlei weise. Belob auch alle obgemeltePuncten also steiff, fest und verbrüchenlichzue den ewigen tagen zu haltenn, ohne einige gefehrde und argelist, dessen zueuhrkundt, versicherungeundt mehrer stetighkeit hab ich Wilhelm Knobbeobegesetzt, wolguitlichgepetten die Erbareundtfrohme Johanne Lisen vür der nederste Pforten, JobstenHardekopfe, Jacoben Keuern und Johanne Lisen KnobbenEidoms, alle Bürger in der Stadt Oelpe, das sie für mich ahn den Ehrsambenfüsichtigen und Wollweisen, Herrn Bürgermeister und Rathe der Stadt Oelpevür alle obgemeltePuncten Bürgern werden und neben mir diesen urfrieden mit ihren eigenen handen und Pitiziren unterschreibenundtbekrefftigen, dessen allen dan ich sie semptlichschadloß zu halten, in maßen wie obgemelt,hiermitt gelob und versprechen thue welches wir vier jetztgemelt Bürger als geschehen wahr bekennen, und tumb Wilhelms undtHilleberdten Eheleuten Pitt willen, die Bürgschaft also, wie boven geschrieben, ahngelobett,uhrkundt unser undenufSpatium eigenen handschriften und Pitiziren. Datum innOelpe im Jahr der Ringer Zahllzwey und achtzigh uff Dinschedagh den Ein undtzwentigsten tag MohnatsAusgusti.“

Die in der Urkunde von 1582 genannten Freischießen-Spiele wurden, nach Günter Becker, im 16. und 17. Jahrhundert in Südwestfalen wiederholt erwähnt. Sie hatten sich aus Schießtagen entwickelt, die von Städten und Landesfürsten gefördert und unterstützt wurden.

In einem Aufsatz mit dem Titel „Freischießen“, der 1930 in der „Heimwacht“, der damaligen Zeitschrift des Sauerländer Heimatlandes, erschien, schreibt der Verfasser, Franz Viegener, u. a.: „Freischießen wurden an denselben Orten nicht alljährlich, sondern nur in gewissen Zeiträumen abgehalten. Sie wechselten von Ort zu Ort. Stets wurden sie aber mit außergewöhnlichem Pomp und Glanz abgehalten.“

Nebenbei sei bemerkt, dass sich mit Siegen, Meinerzhagen und Valbert drei Schützenvereinigungen aus Orten beteiligten, die – es war ja das Jahrhundert der Reformation – um 1550 bzw. 1570 zum Protestantismus übergetreten waren.

Die ´Frei-Schießenspiele´ waren Marksteine in der Chronik jeder Schützengesellschaft, für die Schützen ebenso bedeutungsvoll wie das Kämpfen und Streiten bei feindlichen Angriffen und Überfällen auf turm- und mauerbewehrte Städte, wie die Verteidigung der Landwehren und der mehr oder weniger stark ausgebauten Pässe und Wegedurchlässe im ländlichen Raum.


 

7. Schützengilden im 16. und 17. Jahrhundert

a) Erhaltung der Wehrfähigkeit

Im frühen Mittelalter mussten nur adelige Ritter und deren Dienstmannen Kriegsdienste leisten. Der Bauer konnte auf seinem Hof verbleiben, musste dafür aber eine Kriegssteuer bezahlen. Die wehrfähigen Landbewohner konnten notfalls in einer Schutzwehr (Schützengilde) zur Abwehr eines drohenden räuberischen Überfalls aufgeboten werden. Im 15. und 16. Jahrhundert waren die Landesfürsten darauf bedacht, die Wehrfähigkeit dieser Landwehren zu erhalten und hielten deshalb regelmäßig zur Musterung und Waffenübung an.

 

b) Freischießenspiele

Den repräsentativen Schießspiel-Veranstaltungen der Städte konnte sich inzwischen  auch der Adel nicht verschließen. So berichtet der Droste zu Bilstein, Kaspar von Fürstenberg:

 

„Jahr 1599, 25. Mai: … vom Rat zu Attendorn zum Schützenspill zu gaste gebeten.“

 

„Jahr 1599, 31. Mai: Pfingstsonntag. Ich ziehe mit meinen Söhnen und Ennecken (seine zweite Frau) auf Attendorn, wone daselbst am Vogelschießen bei und sein danacher mit dem Bürgermeister, dem Schützenkönig und der ganzen Schützengesellschaft gar lustig und guter Dinge.“

Obgleich über glänzende Festlichkeiten aus dieser Zeit berichtet wird, waren es Jahre größter Sorgen und Nöte. Gerade dieses Zeitalter war gezeichnet von Kriegen, Pest und Hexenwahn, was überall Furcht und Angst verbreitete.

Die Menschen jener Zeit feierten dennoch sprühende Fest voller Lebensfreude. Das ist wohl nur damit zu erklären, dass sie die Sorgen und Ängste des Alltags vergessen wollten. Die städtischen Schießspiele des 16. Jahrhunderts waren offensichtlich gesellschaftliche Höhepunkte der damaligen Zeit.

Den vielfältigen Aufzeichnungen des Drosten Kaspar von Fürstenberg verdanken wir aufschlussreiche Hinweise. So gab es in der Amtszeit des Drosten in unserer Heimat eine Reihe unruhiger Jahre, bedingt durch die Kämpfe um die Befreiung der Niederlande von der spanischen Herrschaft und durch den so genannten Kölnischen Krieg von 1582 – 1585, in dem der zum Protestantismus übergetretene Kölner Kurfürst und Erzbischof Gebhardt Truchseß von Waldburg sich mit seinen Truppen lange Zeit auch im südlichen Herzogtum Westfalen aufhielt. Als 1583 die Nachricht kam, dass Truchsessische Kriegsvölker im Anrücken waren, hatten die eingesessenen Schützenwehren der Aufforderung des Bilsteiner Drosten Folge zu leisten.

Nach Darstellung des Kreisheimatpflegers G. Becker wurden die wehrfähigen Bauern in den Jahren 1572 bis 1602 aufgeboten oder gemustert, weil fremde Kriegsvölker das Land bedrohten.

 

c) Churfürstliche Ankündigung

Im Mai 1602 schreibt Kaspar von Fürstenberg angesichts eines drohenden Truppendurchzuges: „D´weil eilende Musterung des Ampts durch Churf.Durchl. Angekündet worden, schicke ich mmienenSon uff Attendorn, daselbst der Anfang gemacht wird“, und am folgenden Tag: „gleichfalls uf Olpe, daselbst die Bürger und underthanen der Gerichter Olpe, Drolßhagen und Wenden gemustert werden sollen“.

Der oben erwähnte Kölner Erzbischof Gebhard TruchseßvonWaldburg konnte trotz Heirat und Übertritt zur lutherischen Lehre seine Stellung als Kölner Kurfürst behaupten. Damit drohte eine protestantische Mehrheit im Kurfürstenkolleg und vielleicht auch die Wahl eines protestantischen Kaiser. So kam es zum so genannten Truchsessischen oder Kölner Krieg, der die wirren konfessionellen Verhältnisse in Köln und im Herzogtum Westfalen zwar bereinigte, aber durch den rachsüchtigen Erzbischof Truchseß Chaos, Not und Elend hinterließ.

Nach Darstellung von Dr. Groeteken, Fredeburg, wurden Kirchen gewaltsam geöffnet und Altarsteine und wertvolles Kirchengeräte weggeschleppt. (Kirchen in Lenne, Kirchhundem und weitere im Amt Bilstein)

Dem Dechanten von Wormbach wurde das gesamte Vermögen geraubt, ein Primiziant misshandelt und in Ketten gelegt. Mehrmals geplündert wurde die reiche Abtei Grafschaft.

Es ist die Zeit der Reformation und Gegenreformation. In der Mark um 1550 – 1570 und ebenso in Nassau-Siegerland.

Der Klerus und der Adel bestimmten weitgehend den Lauf der Dinge. Der Landesherr bestimmte, welche Religion angenommen und praktiziert werden musste. (Augsburger Religionsfriede 1555 – Wessen das Land, dessen der Glaube.)

 

d) Prinz von Oranien im Wendener Land

Im Kampfe um die Befreiung der Niederlande von den Spaniern hatte Prinz Wilhelm von Oranien 1572 in Deutschland ein Heer von 17.000 Fußknechten und 7.000 Reitern geworben und den Drosten unseres Amtes Waldenburg, Caspar von Fürstenberg auf Burg Bilstein, wissen lassen, dass er auf seinem Marsch aus dem Nassauischen mit seinem Kriegsvolk am 30. Juni 1572 durch das Gericht Wenden ziehen würde. Fürstenberg hatte unter Führung der Adeligen zwar alle Bauern und Schützen mobil gemacht, zog es aber vor, dem Prinzen freundlichst entgegen zu kommen, und ihm in Wenden in aller Form seine Aufwartung zu machen.

Hatte das Kriegsvolk des Kurfürsten Erzbischof Gebhard von Truchseß Not und Schrecken hinterlassen, sein Gesinnungs- und Parteigänger Martin Schenk vollzog den Rest im Kirchspiel Wenden durch Plünderung und Brandschatzung. Dieser hatte die Festung Bonn, die damalige Residenz der Erzbischöfe, bei Nacht und Nebel mit Verrätern überrumpelt und eingenommen. Von dort aus führten seine Streifzüge ins Oberbergische und ins Sauerland.

Fritz Wiemers berichtet: „Den 8. Januar 1588 haben alle Kirchspielleute aus dem Wendener Ländchen bis an ihr seliges Ende in grausiger Erinnerung behalten. Viel Blut und Tränen sind geflossen; Raub und Plünderung, Entführungen und Schändungen waren an der Tagesordnung; manches Bauernhaus ging in Flammen auf.“

Zehn Jahre später wütete die Pest im Süderland. Die Opfer dieser Seuche waren so zahlreich, dass es meistens nicht möglich war, die notwendigen Särge zu beschaffen. Wegen Ansteckungsgefahr wurde so manches Opfer ohne Pfarrer und Leidtragende in aller Stille dem Kirchacker übergeben. Ganze Familien starben aus.

 

e) Der 30-jährige Krieg

Kaum waren 20 ruhige Jahre vergangen, in der die Bewohner unseres Landes aufatmen konnten und den bürgerlichen Frieden genossen, da wurde ein Krieg entfacht, schlimmer als alles Vorhergewesene: Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648). 30 Jahre loderte die Kriegsfackel und sengte und brannte von 1618 bis 1648. Dieser Krieg artete in schlimmste Raubzüge aus. Das Volk verarmte und verrohte, Städte und Dörfer wurden zerstört. Aus dem Religionskrieg wurde ein Machtkampf um Europa. Was der Zweiparteienkrieg nicht zerschlagen hatte, besorgten die Schweden und Franzosen, die Braunschweiger, Dänen und Hessen.

Die Städte fanden Schutz hinter ihren Mauern und Festungstürmen. Die Landbevölkerung hingegen war den Kriegshorden schutzlos preisgegeben.

Am Ende dieses furchtbaren Ringens war unser Wendener Land wie ausgestorben. Ganze Feldmarken lagen brach, manche Familie war dahingerafft.

Die Not der Zeit zwang die Schützen in pausenlose Kämpfe, und es ist geschichtlich überliefert, dass die Wendener Schützen auf den Stadtmauern Attendorns, als diese von den Schweden berannt wurden, wacker geholfen haben, die Schweden zu schlagen und zu verjagen.

Fritz Wiemers berichtet: „Im Wendener Land war um diese Zeit die Not so groß, so dass die Eingesessenen des Wendener Kirchspiels im Jahre 1646 sich zu einer Bittschrift an den Kurfürsten und Erzbischof von Köln veranlasst sagen, ihren Schützen ´umb Gottes Willen´ die Attendorner Wacht zu erlassen, da ihr eigenes Kirchspiel so nahe und ungeschützt an der Grenze liege, dass ihnen durch allerhand laufende Parteien Schaden angerichtet würde, welchem sie keinen Widerstand entgegenbringen könnten.“

Aber auch im eigenen Kirchspiel standen unsere Schützen in solch schweren Zeiten allenthalben auf den Höhen, an den Pässen und Wegedurchlässen Wache. Sie alarmierten die Dörfer, wenn Gefahr im Verzuge war. Läuteten in Wenden und Römershagen die Sturmglocken, dann war äußerste Eile geboten, sofern auf dem Felde beschäftigte Bauern ihre Angehörigen, Pferde, Wagen und Karren noch rechtzeitig in Verstecken, Wäldern usw. unterbringen wollten. Der Feind raubte, stahl und vernichtete alles, dessen er habhaft werden konnte. Haus und Hof wurden in Schutt und Asche gelegt.

Als das grausame Morden des Dreißigjährigen Krieges endlich beendet war, rotteten sich Landsknechte und Söldner oft zu regelrechten Räuberbanden zusammen und setzten ihr Räuberleben in gewohnter Weise fort. Teils waren diese Banden so stark, dass selbst mauer- und turmbewehrte Städte angegriffen wurden. Die damaligen Landesherren als Kurfürsten waren daher gezwungen, sowohl für das Kurkölnische Erzstift, als auch für das Herzogtum Westfalen in zahlreichen Verordnungen scharfe Maßnahmen gegen das Überhandnehmen von Diebstahl, Raub und Plünderung zu ergreifen. Das Auftreten dieser „Marodeurs“ nahm zeitweise so erschreckende Formen an, dass von einer öffentlichen Sicherheit keine Rede mehr sein konnte.

Waren schon mitten im Dreißigjährigen Krieg Verordnungen (wie die vom 11.1.1633) notwendig, die bestimmten, dass auf Türmen und an anderen Stellen Tag- und Nachwachen zur Erspähung streifender Rotten angeordnet und dass Annäherungen durch „Glockenschlag“ kundgemacht wurden, worauf die jeden Ortes ausgebildeten Schützen ausrückten und das Gesindel verfolgten, verhafteten oder auch bei Widersächlichkeiten töten sollten …, wie viel mehr mussten jetzt scharfe Maßnahmen getroffen werden, um diesem Unwesen Einhalt zu gebieten.

In den Jahren 1684 und 1709 wurden solche Bestimmungen wegen der „fortdauernden Plünderungen und Erpressungen durch zusammenrottierte Deserteure“ erneut veröffentlicht. Im Jahre 1711 wird in zwei kurfürstlichen Erlassen auf die stattfindenden Straßenräubereien und auf die „Erpressung und Plünderung der Postwagen“ aufmerksam gemacht und den Schützen und Schützenführern die „prompteste Dienstleistung bei der Verfolgung des Raubgesindels“ befohlen.

Unter dem 9.7.1714 bestimmte das Domkapitel zu Köln: „Bei der obwaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit durch die nach erlangtem Frieden (nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1701 – 1714) entlassenen Kriegsvölker wird den Kommandanten der in die erzstiftischen Städte verlegten kurfürstlichen Miliz, sowie den rheinischen und westfälischen Lokalbehörden befohlen, durch das Militär und durch bewaffnete Schützen unablässigpatroullieren zu lassen …“.

Willkürherrschaft, Lehensverpflichtungen, Hörigkeit und Kontributionen in erdrückendem Ausmaß waren ebenfalls Zeichen der Zeit.

Dass die traurigen Verhältnisse des 17. Jahrhunderts sowohl auf das Verhalten des Volkes als auch des Klerus nicht ohne nachteilige Einwirkungen blieben, ist leicht verständlich. Das furchtbare Elend des Dreißigjährigen Krieges, das wie ein verheerender Sturm über das Süderland zog, das Pest, Hunger, Armut und Aberglauben im Gefolge hatte, traf auch das Wendener Land sehr hart.


 

8. Schützenentwicklung im 18. und 19. Jahrhundert

a) Von der Schutzwehr zum Vollstrecker obrigkeitsstaatlicher Maßnahmen

Wie alle anderen Landesherren auch, setzte der Kurfürst von Köln nach dem Dreißigjährigen Krieg seine Territorialherrschaft flächendeckend und allumfassend Schritt für Schritt durch und engte damit die verschiedenen Privilegien der Städte und des Adels zusehends ein.

Die Städte wurden mehr und mehr zu vollständig abhängigen Landstädte, die keine eigenen Verteidigungsgruppen mehr benötigten. Die Schützengesellschaften waren nun vom Pflichtdienst entlastet und verwandelten sich nach und nach in Fest- und Feiergesellschaften. Dadurch gewannen sie aber an neue Attraktivität. Sie fanden neue Aufgaben im Einsatz bei Katastrophen und innerstädtischen Notständen, Feuersbrünsten, Hochwassergefahren und als Ehrengarde bei hohem Besuch. (vgl. dazu: Schützenwesen im Kurkölnischen Sauerland)

Anders war es bei den Schützengilden der Landgegend. Mit der Einrichtung stehender Heere verloren auch sie an Bedeutung. Bemerkenswert ist aber, dass die Schützengilden von der Elitetruppe zur Vollstreckung obrigkeitlicher Maßnahmen eingesetzt wurden.

So erfahren wir durch Aufzeichnungen des Schultheiß Adam Josef Weingarten, Wenden: „1809 d. 12. July, daß ich den Deserteur Peter Josef Sch. Von Wenden ergreifen sollte, dieses Befehl abgeschrieben,“ und weiter:

„Dito vorerwähnten Auftrag wegen dem Pet. Jos. Sch. ich nebst genugsamen Schützen vollzogen, denselben abermals nicht ertapfft.“ – „1809. Gemes Befehl d. dato Arnsberg d. 25.9.ber (September) von Großherzoglicher Regierung  wurde mir aufgetragen, den 27.eiusdem von 4 Uhr des Morgens bis den Abend die genauesteVisetation durch Berg und Thäle wie auch in der Commune selbst mit Zuziehung genugsamer Schützen vorzunehmen.“

Anmerkung:
„Desertation“ galt zu jener Zeit in der Volksmeinung nicht als unehrenhaft. Soldat in hessischen Diensten (1803 – 1816) zu sein – so berichtet Franz Wiemers – wurde damals mit wenig Begeisterung aufgenommen. In Massen sind die Burschen desertiert, sie wollten nicht in hessischen Diensten für Napoleon ihr Blut vergießen. Dennoch sind viele junge Männer unserer Sauerländer Heimat auf den Eisfeldern Russlands für Napoleon gefallen.

 

Nachdem 1806 der Landgraf von Hessen dem Rheinbund beigetreten und Großherzog von Napoleons Gnaden geworden war, wurden die Landstände, das waren die Vertretungen der Städte und der Ritterschaft, kurzerhand aufgehoben. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die Militärpflicht, die bei uns im kölnischen Sauerland unbekannt war, eingeführt.

Dazu einige Notizen aus Tagebüchern von Kirchspiels- und Bauernvorstehern:

„1714 im Juni: Kaiserliche Fußvölker – Vikariehaus gehoben – Schmelzofen für denGlockenguß gemacht – Mühlensteine in Andernach gekauft – Novbr.: Neue Orgel in der Kirche – Bei Koch ein Korporal und ein Fähnrich im Quartier, denen wegen eines Streites Wein und Bier gezahlt werden musste – Die Wintereinquartierung ist erst im folgenden Mai abgerückt.

1714, am 20.6.: Kaiserliche Fußtruppen einquartiert. Am 5.8.: Kichenbau im Gange. Desgl. Vikarieneubau – Die Glockengießer sind da.

1715: Kirchenbau – Am 15. März kommen pfälzische Völker von Römershagen ins Kierspel, desgleichen Paderbornische Völker.

1716: Kaiserliche Dragoner eingetroffen – Neuburgische Völker in der Nassau (Siegerland), deshalb die Schützen zur Wache zitiert.

1717, im März: Kaiserliche Völker – Neue Kirchhofsmauern.

1718: noch Kirchen- u. Vikariebau.“

Alle benachbarten, älteren Schützenvereinigungen haben diese Entwicklung mitgemacht. Die Schützengesellschaften oder –gilden wurden durch die Schaffung stehender Heere ihrer Aufgabe enthoben, ihre Stadt oder ihr Kirchspiel zu verteidigen. Statt dessen trat die Pflege von Geselligkeit in den Vordergrund.

Wenn aber die Geselligkeitspflege in der Mitte des 18. Jahrhunderts wieder zum Erliegen kam, so lag das an den Auswirkungen von Besetzungen und kriegerischen Konflikten.

Einquartierungen während des 7-jährigen Krieges (1756 – 1763) forderten ein Höchstmaß an Belastung der Bevölkerung. Kriegskontributionen beschwerten noch jahrzehntelang das arme, erschöpfte Land.

 

b) Von der Schützengilde zur Schützenbruderschaft – religiöse Verankerungen

Neben geschichtlichen Quellen weltlicher Art gibt es auch Zeugnisse über das Schützenwesen, die aus der kirchlichen Überlieferung stammen, z. B. von den Schützen gestiftete Figuren zu Ehren des Schutzpatrons. Ferner sind aus unserer näheren Heimat Stiftungen von Altären zu Ehren der Heiligen bekannt.

In diesen kirchlich ausgerichteten Quellen erscheinen die Schützenvereinigungen nicht mehr als Gesellschaften, sondern als Bruderschaften, die sich jeweils einem kirchlichen Schutzpatron unterstellt haben.

Ein wichtiger Wendener Schützendienst war der Schutz der Kirche und die Teilnahme an den kirchlichen Prozessionen. Das Fronleichnamsfest galt als der Schützen höchster Feiertag.

Unter der Überschrift „Firmung im Amt Wenden“ berichtet Fritz Wiemers, gestützt auf eine Veröffentlichung des Geistlichen Rates Dr. Dr. theol. et phil. Goeteken, Fredeburg, u. a.: „Glänzende Bischofstage in Olpe und Attendorn im Jahre 1753, die auch für das Wendener Land von kulturhistorischem Interesse sind. Seit 17 Jahren war kein Bischof mehr in dieser Gegend gewesen. Ergreifend wird der festliche Empfang geschildert, der dem Weihbischof Franz Caspar vonFranken-Sierstorpf in den Tagen vom 15. bis 22. Mai des Jahres hier zuteil wurde. Der Weihbischof kam im Auftrag des Erzbischofes und Churfürsten August von Köln und Herzog von Bayern.

Nach Olpe, nebst „Drolshagen, Rommershagen, Cleusmen und Melmecke“ empfingen diese das Sakrament der Firmung. Am 17. Mai Fortsetzung der Firmung der Gläubigen aus „Rhode, Fernrahrbach und benachbarte Orte“ und Weihe der vor der Brücke erbauten Kreuzkapelle und ihrer Altäre. Darauf wurden die Reliquien öffentlich ausgestellt, die für die Konsekration der Wendener Kirche Verwendung finden sollten (der Neubau der Wendener Kirche war im Jahr vorher fertig gestellt worden).

„Nach einem feierlichen Akt“, so heißt es in dem eingangs erwähnten Bericht weiter, „begab sich der hochwürdigste Herr Weihbischof um 9.00 Uhr morgens nach Wenden. Vor Wenden standen Pfarrer und Clerusund ein bewaffneter Zug Schützen, die den hohen Herrn unter einem Baldachin zur Kirche führten. Gleich darauf wurden die neue Kirche und der Hochaltar zu Ehren des Hl. Severin konsekriert.

Um 11.00 Uhr fuhr der hochwürdigste Herr unter Büchsenknallen (Katzenköpfe – Böller) und Glockengeläut von Wenden nach Attendorn.“

Es wird deutlich, wie eng weltliches und religiöses Brauchtum im Wendener Land miteinander verbunden waren.

Die Sorge um das christliche Begräbnis ist ebenfalls Element des Denkens und Handelns bei Schützenbruderschaften.

So geleiten die Schützenbrüder seit eh und je den verstorbenen Schützenbruder zur letzten Ruhestätte, tragen den Sarg und legen einen von den Schützen gestifteten Kranz nieder. Außerdem wird dem Verstorbenen die Ehre im letzten Gruß erwiesen.

Die Wendener Schützenbruderschaft hat darüber hinaus die Verpflichtung übernommen, dem verstorbenen Schützenbruder eine Seelenmesse lesen zu lassen. Des weiteren wird jedes Jahr für die lebenden und verstorbenen Schützenbrüder je eine hl. Messe auf Schützenfest und zum Fest des Schutzpatrons aller Bruderschaften und der Schützenjugend, des hl. Sebastianus, gefeiert.

Eine besondere Verbundenheit zur Kirche wurde immer deutlich beim Besuch des hochwürdigsten Herrn Bischof, indem diesem ein Empfang bereitet und der H. H. Bischof zur Kirche und wieder zurück geleitet wurde.

Es gibt weitere Quellenachweise, die von der religiösen Verbundenheit der Wendener Schützen berichten. So ein Vereinsstatus aus dem Jahre 1844, welches zum Inhalt hat, dass dieses anstelle der veralteten Statuten angenommen wurde.

Im Eingang des Status heißt es: „In der Pfarrei Wenden bildet sich in einer durchaus religiösen Absicht eine Schützenbruderschaft, welche den Zweck hat, zur Verherrlichung der Feierlichkeiten bei den zwei großen Prozessionen der hiesigen Pfarrgemeinde mitzuwirken“.

 

c) Königsvogelschießen

Dass die repräsentativen glänzenden Freischießenspiele des späteren Mittelalters die Vorläufer unserer Schützenfeste waren, bedarf keiner Frage. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass mit dem Königsvogelschießen im Wendener Land erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begonnen wurde.

Aus zwei, an den Amtmann Weingarten gerichteten Einladungsschreiben der Wendener Schützen aus den Jahren 1849 und 1850 geht hervor: „Am 10. d. Mts., Nachmittags 1 Uhr, hält die Wendener Schützen-Gesellschaft ihre Schieß-Übung und am 11. Nachmittags einen geschlossenen Ball bei Josef Koch in Wenden ab. Der Scheiben-Platz ist ´Unterm Stein´, wie im vorigen Jahre, und für Vorbeigehende durchaus nicht gefährlich. Durch Gegenwärtiges theile ich Ihnen im Namen der Gesellschaft solches mit, damit Sie in polizeilicher Hinsicht derselben wie auch früher keine Opposition entgegen stellen möchten.

Zur Schlussübung wie zum Balle werden Sie hiermit ergebenst eingeladen.

 

Ottfingen, den 7. November 1849

Für die Schützengesellschaft

Gez. Bröcher

Hauptmann.“

 

d) Neugründungen von Schützenvereinigungen

Mit der Einrichtung stehender Heere nahm allgemein das wehrsportliche Interesse der Bevölkerung merklich ab. Erst in der preußischen Zeit kam es im 19. Jahrhundert zu einer Neubelebung des Schützenwesens.

Während der preußische König Friedrich Wilhelm I. (unter dem Namen Soldatenkönig bekannt) das Schützentreiben als eitel Müßiggang bezeichnete, veröffentlichte die Königliche Regierung in Arnsberg bereits am 15. Februar 1817 – 7 Monate nach der Eingliederung des Sauerlandes in das Königreich Preußen – eine Verordnung über den Gebrauch der Schießgewehre, besonders beim Scheiben- und Vogelschießen. In ihr wurde die Gründung von Schützenvereinen ausdrücklich angeregt. Wörtlich heißt es da:

„Es ist zu wünschen, daß die alte, löbliche und unter Beobachtung dieser Vorschriften unschädliche Übung des Scheibens- und Vogelschießens überall, wo solche stattgefunden hat, wieder auflebe und wo solche noch nicht war, neu eingeführt, auch solche Tage dazu gewählt werden, welche die Erinnerung eines denkwürdigen, dem Orte, dem Lande oder dem Staate teueren Ereignisses heiligt.“

Durch diese Ermunterungen, verbunden mit einem neuen Vaterlandsbewusstsein, gründeten sich allerorts um die Jahrhundertwende neue Schützenvereinigungen.

 

Euer Wohlgeboren

Übersende ich anbei eine Abschrift der von der Schützenbruderschaft vorläufig angenommenen Statuten mit der Bitte zur Entwerfung neuer Statuten hilfsweise Hand zu leisten. Ob die neue Statuten, welche am 1. Januar 1850 ich der Schützen-Gesellschaft mitzuteilen versprochen, von derselben angenommen werden, hängt wohl größtenteils von deren Inhalt ab, weshalb ich auch mal persönlich zu Ihnen kommen und die von mir entworfenen mitbringen werde.

 

Mit voller Achtung

Euer Wohlgeboren

 

Ottfingen d. 16.11.1849

Gez. Ihr Bröcher

 

Das allgemeine Streben nach kommunaler Eigenständigkeit war eine weitere Ursache, die zu Neugründungen in unserem Wendener Land führten. So entstanden Schützenvereinigungen in:

 

Gerlingen                     St. Antonius-Schützenbruderschaft                  1898

Altenhof                       St. Hubertus-Schützenbruderschaft                  1909

Hünsborn                     St. Kunibertus-Schützenbruderschaft   1904

Ottfingen                      St. Hubertus-Schützenbruderschaft                  1919

Hillmicke                     St. Antonius-Schützenbruderschaft                  1907

Heid                            St. Antonius-Schützenverein                            1921

Schönau                      St. Elisabeth-Schützenverein                            1919

Elben                           St. Helena-Schützenverein                               1919

Brün                            St.-Matthias-Schützenverein   

Römershagen               Schützenverein                                    1921

 

Nachwort

Diese historischen Aufzeichnungen bezeugen eine uralte Schützenbewegung im Wendener Land.

Die Chronik gibt Zeugnis von großen Drangsalen, aber auch von glänzenden Ereignissen und Festen, verbunden mit echter Lebensfreude.

Stets waren für die Schützen „Maß und Richte“ ein tiefer, unerschütterlicher Glaube und eine innige Heimatverbundenheit.

Die Chronik zeigt, dass seit der Entstehung des Schützenwesens von diesem starke Impulse ausgingen, die sich sehr zum Wohle der Örtlichkeiten auswirkten.

Alle Schützenvereinigungen des Wendener Landes haben berechtigte Veranlassung, auf ihre Vergangenheit sehr stolz zu sein.